Thema: Menschenspuren im Wald So Jan 15, 2017 4:45 pm
Und plötzlich sieht alles ganz anders aus…..
Vielleicht kennt Ihr das: Ihr geht mit vertrauten Dingen um, erfahrt dann etwas ganz Neues darüber, was diese Dinge in ein völlig anderes Licht setzen – und plötzlich ist alles ganz anders. So erging es mir kürzlich, nachdem ich das Buch „Menschenspuren im Wald“ von Peter Wohlleben gelesen hatte. Nach der ersten Wanderung durch den Wald, die ich anschließend gemacht habe, wurde mir ganz anders. Es fallen einem Sachen auf, die man zwar vorher schon gesehen, aber über die man nie nachgedacht hat.
Daß ein erheblicher Teil der Wälder aus Nadelbäumen besteht, hat sicher jeder schon festgestellt. Aber daß Fichte, Kiefer und Douglasie keine einheimischen Bäume sind, weiß kaum jemand. Ihr Holz wächst schnell, und das macht sie für die Forstbetriebe so wertvoll, weil schneller Wuchs schnelles Geld bedeutet. Sicher erinnert Ihr Euch noch an die Stürme Anfang 1990. Damals wurden selbst Karnevalszüge aufgrund Sturmgefahr abgesagt. „Abgeblasen“ wäre wohl treffender ausgedrückt. Ganze Wälder wurden damals weggefegt. Doch wem ist bekannt, dass es sich überwiegend um Fichtenwälder handelte? Die Fichte wächst hierzulande aufgrund des milderen Klimas viel zu schnell, bekommt kein festes Holz und keine ausreichenden Wurzeln, um den Stürmen zu trotzen. Wenn dann noch die üblichen Monokulturen dazukommen, ist der Sturmschlag vorprogrammiert. Mit dem Wechsel der Baumarten ändert sich auch der Bestand der Waldbewohner. Oder Kahlschläge: auch wenn die Flächen wieder aufgeforstet werden, sind sie lange Zeit der Bodenerosion preisgegeben. In sommerlicher Hitze erwärmt sich der unbeschattete Boden sehr stark. Mikroorganismen haben Hochkonjunktur und zersetzen die Biomasse sehr schnell. Der Humus fehlt später, die Böden trocknen aus, die Gefahr von Waldbränden steigt. Vor allem die modernen Holzerntemaschinen, sogenannte Harvester, richten immense Schäden an, da sie den Boden extrem verdichten, die Wasserspeicherfähigkeit drastisch senken und somit langfristig irreversible Schäden anrichten. Mehr dazu gibt´s hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Holzvollernter#.C3.96kologische_Auswirkung Mitsamt dem Wechsel der Baumarten ändert sich auch die Fauna. Viele einheimische Vögel leben auf Laubbäumen. Und ihr Lebensraum sinkt mit der Zunahme der Nadel- und der Abnahme der Laubbäume. Nochmals übel wurde mir, als Wohlleben die Jäger unter die Lupe nahm. Die schießen nicht zuviel, sondern zuwenig! Klingt völlig daneben, hat aber einen simplen Grund: Wenn die Jäger die Populationen groß halten, haben sie beim Schießen reichlich Auswahl! Denen geht es meist nicht um Natur- und Landschaftsschutz, sondern um reichliche Ausbeute an Trophäen. Und viel Auswahl gibt es bei geringen Populationen nicht. Der eigentliche Lebensraum des Rotwildes ist aber nicht der Wald, sondern Steppen und Wiesen. Die ständige Bejagung treibt es in den Wald, und dort frisst es die nachwachsenden Laubbäume weg. Auch das Schwarzwild, also Wildschweine, suchen jede noch so kleinste Buchecker im Boden. Und somit tragen sie zur Verarmung der Baumarten bei und dazu, dass der Wald immer mehr zum reinen Nadelwald wird. Natürliche Feinde hat dieses Wild nicht mehr, denn diese hat man schon vor langer Zeit ausgerottet: Wölfe und Luchse. Der Wolf kehrt seit einigen Jahren nach Deutschland zurück. Und obwohl er unter strengem Schutz steht, werden immer wieder abgeschossene Wölfe gefunden. Beim Luchs ist es nicht anders: auch er wird gejagt. Nicht zuletzt immer noch wegen seines Pelzes.
Ein sehr informatives Buch hat Peter Wohlleben da herausgebracht. Aber beim lesen wird einem ganz anders. Noch viel mehr, wenn man anschließend mit offenen Augen durch den Wald geht.
Catwoman
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Thema: Re: Menschenspuren im Wald Mo Jan 16, 2017 7:34 pm
Es hatte mich vor einiger Zeit auch überrascht als ich hörte dass Fichten und andere Nadelbäume eigentlich gar nicht in unsere Wälder gehören. Ich kannte es nicht anders als dass es in unseren Wälder auch diese Bäume gibt, aber scheinbar sind das tatsächlich 'Ausländer'. Ich erinnere mich wohl noch daran dass es früher viel mehr Laubbäume gab, dass es viel mehr Variationen gab in den Wäldern. Zumindest da wo ich aufgewachsen bin und als Kind immer im Wald unterwegs war. Hier haben wir das Problem auch, aber dann mit Wasserpflanzen die nicht hierher gehören. Leute schmeissen sie ( aus den Aquarien ) einfach in die Kanäle und da vermehren sie sich reichlich und gut. Dadurch gibt's oft Probleme weil die alles zu setzten und das Wasser dadurch nicht mehr gut cirkulieren/abfliessen kann. Manchmal sieht man im Sommer nur noch 'grüne Berge' auf den Kanälen und kein Wasser mehr. Scheinbar fühlen die sich hier in unseren Gefilden auch ganz wohl.
Catwoman
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Thema: Re: Menschenspuren im Wald Di Jan 17, 2017 10:39 am
Nachschlag . . Ich weiss nicht ob's zu meiner Kinderzeit wirklich noch viel mehr Laubbäume gab, vielleicht gab's auch nur da wo ich als Kind gespielt habe viele Laubbäume/Wälder ?
Waldfee
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Thema: Re: Menschenspuren im Wald Di Jan 17, 2017 11:11 am
Das ist ja total interessant! (Wenn auch etwas deprimierend...) Und deckt sich mit dem, was mir eine Landwirtin erzählte, die direkt am Waldrand einen Aussiedlerhof hat. Ich komme dort regelmäßig auf meinen Hunderunden vorbei, und sie hatte mir das mit dem vielen Wild auch mal gesagt. Damals mochte ich das gar nicht glauben.
Und die Harvester... , die treiben ihre Zerstörung auch im Wald meiner Kindheit und hinterlassen dort ihre Spuren. Ihr beide kennt den Wald ja auch, bei P.-heim. Schlimm. Die sind einfach unmenschlich.
Die Bücher von Peter Wohlleben stehen immer noch "nur" auf meiner Wunschliste und noch nicht in meinem Bücherregal, aber auf SWR 1 kommen regelmäßig kleine Beiträge von ihm, sehr interessant und sehr sympathisch. Auch bei youtube gibt es Einiges von ihm.
Übrigens in dem Zusammenhang auch erwähnenswert: Clemens Arvay, ein österreichischer Biologe, der u.a. tolle Sachen über Wald und seine positiven Wirkungen auf uns Menschen zu sagen hat!
Waltzing Matilda
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Thema: Re: Menschenspuren im Wald Di Jan 17, 2017 5:48 pm
Cat, es müssen nicht unbedingt fremde Pflanzen sein, die die Gewässer und Kanäle zusetzen. Oft genug wachsen die Pflanzen wie blöde, weil die Landwirte ihre Felder völlig überdüngen. Das geht ins Grundwasser, ins ablaufende Regenwasser usw. Bis in die Gewässer. Wenn es dann noch stehende Gewässer sind, also Seen, geht der Fischbestand zugrunde. er erstickt.
Und ja, Fee, es ist wirklich deprimierend. Ich bin in den letzten Tagen, weil 1 Woche Urlaub, reichlich durch den Wald gelaufen, und wenn man mit diesen Informationen im Hinterkopf hinschaut, wird einem ganz anders.
Und ich frage mich, was der Einzelne tun kann, um eine Wende herbeizuführen?
Catwoman
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Thema: Re: Menschenspuren im Wald Mi Jan 18, 2017 10:57 am
Du hast schon Recht, lieber Mat, die Überdüngung der Felder spielt natürlich auch eine Rolle was das Pflanzenwachstum, auch an der Rändern der Kanäle betrifft. Aber ich kann dir versichern dass man hier álles daran tut die Kanäle und 'Sloten'( wie man sie hier oft nennt ) frei zu halten. Ansonsten hätten wir hier keine trockenen Füsse mehr. Man macht die Kanäle jedes Jahr mindestens zwei Mal mit grossen Machinen sauber und auch Privatleute, die vielleicht nur einen kleinen 'sloot' neben dem Anwesen haben, sind verpflichtet den frei und sauber zu halten. Und die Pflanzen von denen ich sprach sind tatsächlich keine einheimischen Pflanzen. Wenn du möchtest kannst du dir mal ein kurzes Stückchen davon ansehen auf "sloten raken verstopt door uitheemse waterplanten|NOS". Da kannst du sehen was ich meinte. Só sieht's hier im Sommer immer öfter aus. Und ja, unter so einer 'Decke' ersticken auch immer wieder viele Fische aus Sauerstoffmangel.
Waltzing Matilda
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Thema: Re: Menschenspuren im Wald Mi Jan 18, 2017 9:28 pm
Catwoman schrieb:
Wenn du möchtest kannst du dir mal ein kurzes Stückchen davon ansehen auf "sloten raken verstopt door uitheemse waterplanten|NOS". Da kannst du sehen was ich meinte. Só sieht's hier im Sommer immer öfter aus.
Wolltest Du einen Link angeben? Vielleicht meintest Du so etwas hier: https://www.youtube.com/watch?v=LuDwGm7CrN8 Ist schon eindrucksvoll